Chronicle (2012)

Chronicle (2012)

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  2. 84 Minuten

Filmkritik: Mittendrin, statt nur dabei

Hoffentlich versichert…
Hoffentlich versichert… © 2011 Twentieth Century Fox Film Corporation. All rights reserved.

Der Aussenseiter Andrew (Dane deHaan) lebt noch zu Hause, zusammen mit seiner krebskranken Mutter (Bo Petersen) und seinem arbeitslosen Vater (Michael Kelly). Eines Tages beginnt er aus einer Laune heraus, sein Leben zu filmen und nimmt dafür seine Kamera überallhin mit. Sein Cousin Matt (Alex Russell) ist zwar nicht gerade begeistert von der Idee, doch trotzdem filmt Andrew munter weiter. Für Matt ist klar, dass Andrew unter die Leute muss, und deshalb nimmt er ihn auf eine Raveparty mit. Doch diese wird zweitrangig, als Matt mit Steve (Michael B. Jordan), dem Star der Schule, ein Loch im nahegelegenen Wald findet.

Gilt hier Rechtsvortritt?
Gilt hier Rechtsvortritt? © 2011 Twentieth Century Fox Film Corporation. All rights reserved.

Da sie ihren Fund mit der Kamera festhalten wollen, steigen sie zusammen mit Andrew in das Loch hinab und finden eine Höhle, an deren Ende etwas Blaues zu leuchten scheint. Als die drei dem blauen Gestein zu nahe kommen, bekommen sie nicht nur Nasenbluten, sondern auch Andrews Kamera will auf einmal nicht mehr funktionieren. Ein paar Tage später: Andrew hat sich eine neue Kamera gekauft und filmt wie Matt, Steve und er jetzt mit Telekinese ausgestattet sind. Da werden Legos zusammengebaut, ohne sie zu berühren, und herumgeflogen. Als Andrew mit seinen Kräften beinahe einen Menschen tötet, wird es aber gefährlich.

Wie schon der Sci-Fi-Western Cowboys & Aliens hört sich auch der Genre-Mix bei Chronicle auf dem Papier recht interessant an: Der beliebte Superheldenfilm wird mit jenem des Found-Footage zusammengebracht. Auch wenn Regisseur Joshua Trank bei Zweitem etwas betrügen musste, hat er einen überzeugenden Erstling inszeniert.

An diejenigen, welche bei Cloverfield und Co. seekrank wurden, kann hier übrigens Entwarnung gegeben werden: Da die Kamera grösstenteils mit Telekinese geführt wird, schwebt sie mehr sanft in der Luft, als dass sie gross wackeln würde. Zudem kriegt der Zuschauer hier nicht nur das Material einer einzigen Kamera zu sehen, sondern von mehreren, deren Material dann für den Film zusammengeschnitten wurde. Die Frage stellt sich sogar, ob es diese Herangehensweise überhaupt gebraucht hätte. Nicht nur einmal wirkt der Einsatz etwas konstruiert und nicht immer nachvollziehbar.

Einen gewissen Reiz hat dieses Vorgehen aber schon: Wenn die drei Hauptfiguren am Austesten ihrer Kräfte sind, fühlt man sich an humorvolle, reale YouTube-Videos erinnert. Der jugendliche Leichtsinn, mit dem sie ihre Versuche wagen, bietet einiges an witziger Unterhaltung. Alleine die Flugszenen sind dabei schon das Eintrittsgeld wert. Hier macht sich diese Art des Filmens dann bezahlt - mittendrin, statt nur dabei.

Regisseur Trank und Drehbuchautor Max Landis - der Sohn von John Landis (Blues Brothers) - waren indes so schlau, der interessantesten Figur die Kamera in die Hand zu drücken. Der Aussenseiter Andrew, der von Vater und Mitschülern geplagt wird, ist wie eine tickende Zeitbombe, bei deren Explosion man lieber woanders sein möchte. Dane DeHaan spielt den Part beängstigend gut. Seine zwei Kumpels Alex Russell und Michael B. Jordan fallen zwar nicht ab, ihre Charaktere sind aber weit weniger interessant.

Während der Grossteil des Werkes also alleine anhand des Fun-Faktors funktioniert, muss am Ende natürlich der grosse Showdown her. Doch dieser wäre mit einer normalen Kameraführung wohl um einiges eindrücklicher geraten. Nicht nur, dass man Mühe hat, alles mitzubekommen, es wird auch noch aus unzähligen verschiedenen Quellen Material zusammengeschnitten - egal ob Smartphones, iPads oder Überwachungskameras. Die Orientierung fällt da manchmal schwer, da recht schnell zwischen verschiedenen Blickwinkeln hin- und hergeschaltet wird. Hier zeigt sich dann auch, dass der Genremix nicht mehr ganz aufgeht.

Fazit: Chronicle hat seine Stärken eindeutig in den Herumalberszenen. Da wird mal was anderes geboten, und dank den sympathischen Darstellern macht das auch jede Menge Spass. Doch während der gesamte Verlauf der Story dem Fantasygenre gerecht wird, macht sich das Found-Footage nicht immer bezahlt und wird am Ende etwas gar überreizt. Zudem haben sich ein paar Längen eingeschlichen - dies auch, weil die Geschichte von Anfang an recht vorhersehbar ist. Ein Film, der seinem Hype zwar nicht ganz gerecht wird, aber trotzdem einiges an Faszination mitbringt und deshalb auch sehenswert ist.

Chris Schelb [crs]

Chris arbeitet seit 2008 für OutNow und leitet die Redaktion seit 2011. Seit er als Kind in einen Kessel voller Videokassetten gefallen ist, schaut er sich mit viel Begeisterung alles Mögliche an, wobei es ihm die Filmfestivals in Cannes und Toronto besonders angetan haben.

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