Lilly (Juno Temple) und Alison (Kay Pananbaker) sind zwei Teenager-Mädchen, die in einer trostlosen Gegend in der kalifornischen Wüste aufwachsen. Während Alison die bodenständigere der beiden ist, kommt Lilly langsam aber sicher in die Pubertät: Sie rebelliert gegen ihre Mutter, beschimpft ihre Therapeutin und will eigentlich nur noch eines: weg von diesem gottverlassenen Nest.
Eines Tages treffen die Mädchen eine Gruppe herumziehender Skater, die in einem heruntergekommenen Schwimmband herumhängen. Dabei freundet sich Lilly mit Jesse (Kyle Gallner) an. Kurz vor der Abreise küssen sie sich, und Lilly verspricht Jesse, dass sie ihn einmal in L. A. besuchen kommt. Als einige Tage später wieder mal alles scheisse läuft, beschliesst Lilly kurzerhand, abzuhauen. Sie überredet Alison, den Truck ihres Chefs (Neal McDonough) zu klauen, und so machen sich die beiden mitten in der Nacht auf und davon. Doch ist die Sache wirklich so einfach, wie es sich Lilly vorgestellt hat?
Klar, die Story von Little Birds ist alles andere als neu: Teenager, die abhauen und sich einer Jugendgang anschliessen, gibt es nicht zuletzt schon in zahlreichen Kinderbuchklassikern wie Herr der Diebe oder Die rote Zora. Und doch schafft es Drehbuchautor und Regisseur Elgin James, der hier seinen ersten Spielfilm präsentiert, seine Geschichte frisch und ohne die geringste Langatmigkeit zu erzählen. Viel Stimmung erzeugen dabei einerseits die melancholischen Bilder der Wüstenlandschaft Kaliforniens, anderseits der aus Folksongs bestehende und an Eddie Vedders Musik zu Into the Wild erinnernde Soundtrack.
Die grösste Stärke des Filmes stellen aber ohne Zweifel seine beiden Protagonistinnen dar, welche mit Juno Temple (Atonement, The Dark Knight Rises) und Newcomerin Kay Panabaker hervorragend besetzt sind. Die Glaubwürdigkeit, mit der sie die Freundschaft der beiden Mädchen verkörpern, macht das Herzstück des Filmes aus. Jeder, der sich noch an seine eigene Pubertät erinnern kann (oder gar mittendrin ist), wird sich ohne Mühe in die Geschichte hineinversetzen können und von der ersten Minute bis zum nervenauftreibenden Showdown mit den Mädchen mitfühlen. Während Lilly dabei ihre besten Momente in der ersten Hälfte hat, verliert ihre Figur im weiteren Verlauf etwas an Sympathie, während Alison dafür in der zweiten Hälfte umso mehr überzeugt.
Wie in vielen Filmen aus den Staaten, die ja generell mehr zum Melodrama neigen, wird auch in Little Birds etwas zu sehr mit der grossen Kelle angerührt, wenn es um das familiäre Umfeld der beiden Mädchen geht: So sind sämtliche Hauptcharaktere von tragischen Schicksalen umgeben, sei es aufgrund einer an Krebs gestorbenen Mutter, eines durch den Irakkrieg verkrüppelten Onkels oder eines Vaters, der Selbstmord begangen hat. Die sozialen Verhältnisse der amerikanischen lower class wurden sicherlich schon treffender und mit weniger Klischees geschildert, so etwa kürzlich in Frozen River.
Doch darum geht es in Little Birds ja nicht, sondern um die Geschichte der beiden Mädchen als universelle Fabel des Erwachsenwerdens. Unter diesem Aspekt ist der Film überaus gelungen und beweist einmal mehr, dass das amerikanische Indie-Kino einiges auf dem Kasten hat.