Hugo Koblet - Pédaleur de charme (2010)

Hugo Koblet - Pédaleur de charme (2010)

  1. , ,
  2. 97 Minuten

Filmkritik: Er lebte nicht wie das Peleton

Small-Talk in Oerlikon.
Small-Talk in Oerlikon. © Studio / Producer

Wenn er anzog, sahen die Gegner mit Glück noch sein Hinterrad. Und als er ins Ziel kam, machte er sich als erstes schön. Hugo Koblet galt und gilt immer noch als eines der prominentesten und schillernsten Sportidole, die die Schweiz je hervorgebracht hat. Mit riesigem Talent gesegnet, dominierte der aus einfachen Verhältnissen stammende Zürcher 1950 und 1951 seine Gegner nach Belieben und liess auch seinen grossen Gegenspieler Ferdy Kübler hinter sich. Er gewann als erster Nicht-Italiener den Giro d'Italia und holte sich bei seiner ersten Tour-de-France Teilnahme gleich den Gesamtsieg.

Dr. Fuentes behandelt.
Dr. Fuentes behandelt. © Studio / Producer

Hugo Koblet - Pédaleur de Charme rollt das bewegte Leben der Radsportlegende nochmals auf. In Interviews mit Weggefährten, mit historischen Filmdokumenten und nachgedrehten Szenen wird der kometenhafte Aufstieg und der tiefe Fall eines Mannes gezeigt, der nie Nein sagen konnte: nicht zu Frauen, nicht zu falschen Freunden, und auch nicht zur «Vitaminbehandlung», welche ihm anlässlich der Tour de Suisse 1952 verabreicht wurde und den Wunderfahrer gesundheitlich stark schädigte.

Der Sport ist bekanntlich ein guter Nährboden für Heldengeschichten. Triumph und Tragödie liegen nahe beieinander - so gesehen etwa in Men Lareidas temporeichen Dokumentarfilm Live fast, die young über die Rennfahrerlegende Jo Siffert. Die Schweiz als kleines Land hat wenige solche Persönlichkeiten zu bieten. Hugo Koblet war eine davon, und seine mit Siegen, Unfällen, Frauen, Verschwendung durchzogene, so unschweizerisch anmutende Biografie erscheint als eine derart perfekte Steilvorlage für ein Biopic, dass man sich wundert, wieso noch niemand vorher auf die Idee dazu kam.

Eine rein dargestellte Lebensgeschichte ist Hugo Koblet - Pédaleur de charme jedoch nicht. Vielmehr verwendet Regisseur Daniel von Aarburg viele Archivaufnahmen, lässt Freunde und Fahrerkollegen zu Wort kommen und montiert dazwischen nachgestellte Szenen. Diese sind im Filmkolorit der Fünfzigerjahre gehalten, technisch wie auch schauspielerisch. So spielt Manuel Löwensberg Hugo Koblet stocksteif, was am Anfang leicht irritiert - die Sehgewohnheiten haben sich im Laufe der Zeit eben stark verändert. Trotzdem ist die Entscheidung, die nachgespielten Szenen so zu realisieren - was unterschwellig auch eine Reminiszenz an den damaligen Schweizer Film bildet - eine richtige.

An der flüssig inszenierten und niederschwelligen Produktion ist sonst wenig auszusetzen. Nicht wirklich zwingend erscheinen die Voice-Over-Sequenzen von Löwensberg als Koblet, und wenn man ganz pingelig sein will, so darf an dieser Stelle bemerkt weren, dass man gerne auch mal eine grössere Schweizer Filmproduktion ohne Hanspeter Müller-Drossaart sehen möchte. Natürlich spielt der Mann gut, aber gibt es wirklich keine weiteren Optionen? Man stelle sich mal vor, jede zweite Hollywood-Produktion wäre mit Michael Caine besetzt …

Trotzdem: Hugo Koblet - Pédaleur de charme ist eine unterhaltsame filmische Zusammenfassung eines bewegten Lebens geworden, welche auch Spätergeborenen und Velorenn-Verächtern gefallen kann.

/ uas

Trailer Schweizerdeutsch, 1:57 © Maximage