Les femmes du 6e étage (2010)

Les femmes du 6e étage (2010)

Nur für Personal!
  1. 102 Minuten

Filmkritik: Wenn dein Dienstmädchen über dir wohnt

Willkommen im Haus des Horrors
Willkommen im Haus des Horrors © Studio / Producer

Jean-Louis Joubert (Fabrice Luchini) lebt mit seiner Frau Suzanne (Sandrine Kiberlain) und seinen zwei Söhnen im Paris Anfang der Sechzigerjahre in einem Appartementgebäude, welches seiner Familie gehört. Sie leben das perfekte bourgeoise Leben. Jean-Louis mit seiner Funktion als Eigentümer eines Finanzinstituts, seine Frau gelangweilt bei Kaffeekränzchen mit ihren ebenfalls gelangweilten Freundinnen.

Bademäntelausverkauf im Coop?
Bademäntelausverkauf im Coop? © Studio / Producer

Als das bisherige Dienstmädchen kündigt, stellen die Jouberts notgedrungen die junge Maria (Natalia Verbeke) aus Burgos ein, da Spanierinnen den Ruf haben, noch genauer, sauberer und länger zu arbeiten als ihre französischen Pendants. Maria zieht im sechsten Stock des Hauses ein, wo sie auf ihre spanischen Kameradinnen Teresa, Carmen, Dolorés und Concepción (Carmen Maura) im Dienste anderer französischer Familien stösst.

Bald fühlt sich Jean-Louis zu diesen Frauen voller Lebensfreude hingezogen. Speziell Maria, jung und schön, hat es ihm angetan. So beginnt er, sein bisheriges Leben gehörig umzukrempeln. Er lernt Spanisch, trinkt Rioja und kümmert sich um seine neuen Freunde. Diese Entwicklung wird von seinem Umfeld jedoch mit Sorge beobachtet. Vor allem seine Frau verdächtigt ihn, eine Affäre zu haben.

Les femmes du 6ème étage kommt daher wie ein frischer Frühlingswind im kältesten Winter: Einerseits unglaublich gerne empfangen, andererseits auch völlig fehl am Platz. Der französische Film ist locker-leichte Unterhaltung mit einem sympathischen und attraktiven Cast voller Spielfreude, welcher die spritzigen Dialoge mit Gusto vorträgt. Doch der Film leidet an der konturlosen Umsetzung, welche ihm kein eigenes Profil gibt. So sind alle Figuren irgendwie nett zueinander, und alles wird durch die rosa Brille gesehen. Nirgendwo Drama, nirgendwo Probleme.

Dabei hätte die Geschichte durchaus Potential, heisse Eisen anzufassen. Sowohl der ausbrechende Klassenkampf Anfangs der Sechzigerjahre, welcher durch die unterschiedlichen Schichten zwischen den bourgeoisen Jouberts und den burschikosen spanischen Dienstmädchen repräsentiert wird, als auch der angesprochene, aber nicht weiter vertiefte Franco-Terror dienen als Hintergrund zu dieser Culture-Clash-Komödie.

Doch Regisseur Philippe Le Guay begnügt sich damit, unschuldige Unterhaltung zu präsentieren. Und dies, das muss man ihm lassen, beherrscht er. Fabrice Luchini spielt den gutbürgerlichen, stocksteifen Franzosen wie aus dem Bilderbuch. Sowieso scheint dieser Typus dem Schauspieler zu liegen, repetitiert er die Luchini-Rolle doch schon zum wiederholten Mal (zuletzt gesehen in Paris). Auch die Spanierinnen, mit der bezaubernden Natalie Verbeke und diversen Almodóvar-Stammkräften wie Carmen Maura, sind agil und sympathisch.

Da ist es wieder, dieses Wort! Sympathisch. Wohl die kürzeste Zusammenfassung des Filmes. Dass es der Film damit in den Wettbewerb der Berlinale 2011 (zumindest ausser Konkurrenz) geschafft hat, erstaunt. Aber eben: Auch ein noch so gern gespürter Frühlingswind verirrt sich ab und zu in der Jahreszeit.

/ hut