Das Boot ist voll (1981)

Das Boot ist voll (1981)

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DVD-Review: Zuviele davon wollen wir dann nicht!

Hmhm, so sehen also Nichtschweizer aus!
Hmhm, so sehen also Nichtschweizer aus! © Studio / Producer

Der Zweite Weltkrieg ist im Gange: Einer Gruppe jüdischer Flüchtlinge, unter ihnen auch ein Deserteur der Wehrmacht, gelingt der Übertritt in die Schweiz. Bei der Wirtfrau Anna Flückiger (Renate Steiger) kommt die Gruppe unter, ihr Ehemann Franz (Matthias Gnädinger) ist allerdings wenig erfreut und lässt nach dem Dorfpolizisten schicken, immerhin gibt es schon genug dieser Leute in der Schweiz, so meint der Franz. Vom Pfarrer erhält Anna den Rat, wie sie es am besten deichseln kann, damit die Flüchtlinge in der Schweiz bleiben dürfen, denn per se werden «Flüchtlinge nur aus Rassengründen» in der Schweiz nicht geduldet, so ein Beschluss des Bundesrats.

*Hueregopferdamisiech*
*Hueregopferdamisiech* © Studio / Producer

Also wird flugs eine Familie konstruiert, denn Familien mit Kindern unter sechs Jahren werden geduldet, andere abgeschoben. Doch irgendwie riecht Polizist Bigler (Michael Gempart) den Braten, derweil sich die Familie im Gästezimmer der Flückigers einrichtet. Die Dorfbevölkerung streut unterdessen die wildesten Gerüchte (Katze gemetzget...!) und als sich die Beweise verdichten, dass es sich bei den Flüchtlingen doch nicht um eine gemeinsame Familie handelt, packt Bigler diese und will sie an die Grenze stellen, immerhin mit der Möglichkeit, dass sie heimlich nach Deutschland zurückkehren können. Franz aber hat sich inzwischen mit dem Schicksal der Flüchtenden auseinandergesetzt, ihn plagen zunehmends Gewissensbisse.

Es ist einige Jahre her als ich Markus Imhoofs Film zuletzt gesehen habe. Dass er heute immer noch aktuell ist und einem gewissen, hasserfüllten Zeitgeist entspricht, war mir allerdings nicht mehr so bewusst. Es ist schon erschreckend, wenn man bei Stammtischpoltereien und Fotzeleien im Film sehr ähnlich geartete «Diskussionen» und politisches Gehabe unserer Zeit heraushört. Da haftet einem ein «ja um Himmels Willen, haben wir denn gar nichts gelernt?» mehr als nur auf der Zunge.

Das Boot ist voll, für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert, gehört zu den besten Schweizer Filmen. Seine Nüchternheit und unumwundene Direktheit machen betroffen und stimmen nachdenklich. Imhoof verfilmt schnörkellos und ohne Pathos, aber auch ohne einen allzu platt aufgesetzten moralischen Zeigfinger aufzustrecken. Die Geschichte und Geschehnisse, die Dialoge und das Verhalten der Protagonisten genügen hier völlig um Aufzuzeigen.

Darstellerisch ist der Film eine Wucht. Matthias Gnädinger war schon in den 80er Jahren ein bärbeissiger Naturschweizer und Michael Gempart als «Landjäger» (sowas wie ein früher Bulle) ist einfach nur sackstark. Solche Leinwandpräsenzen vermisst man im heutigen Schweizer Film ein wenig und gerade Gempart wurde nie so richtig der Erfolg zuteil, der ihm eigentlich gebührte.

Grosses, kraftvolles Schweizer Kino, das sich einprägt und zum Nachdenken anregt.

Die Extras: Für diese DVD wurde das teilweise beschädigte Filmnegativ restauriert. Dennoch ist das Bild nicht vom Feinsten, vor allem die Grobkörnigkeit sticht dabei negativ ins Auge. In Sachen Extras darf man immerhin dem Regisseur in einem Interview und Friedrich Dürrenmatt lauschen, der ein Vorwort spricht. Sehr interessant wäre natürlich dokumentarisches Material gewesen, in dem auch Zeitzeugen zu Wort kommen.

/ pb