In einem an die Belle Époque angelehnten Fantasie-Frankreich stirbt die Bevölkerung langsam aus. Schuld daran ist ein Geschöpf namens «Malerin», das auf einer fernen Insel lebt und auf einem gigantischen Monolithen das Alter all jener aufschreibt, die den Tod finden. Jedes Jahr startet eine Expedition ins Unbekannte, um das Geheimnis hinter der «Gommage» zu lüften, die Malerin zu besiegen und damit den endlosen Reigen des Todes aufzuhalten.
Dieses Jahr liegt es an Gustave, Maelle, Sciel und anderen Kämpferinnen und Kämpfern der Expedition 33, diese fremde Insel-Welt zu erkunden und die Malerin zu besiegen. Auf der Insel angekommen, stellt die Expedition fest, dass sich in den vergangenen Jahren so einiges getan hat - und nicht zum Besseren. Neben fremdartigen Geschöpfen, Ruinenstädten und lebendig gewordenen Legenden entdeckt die Truppe, was mit früheren Expeditionen vorgefallen ist.
Clair Obscur: Expedition 33 überrascht und begeistert. Mit seiner Mischung aus JRPG-Elementen, der faszinierenden Spielwelt und einer packenden und melancholischen Story bietet der Titel eine Gefühlsachterbahn, die wir in dieser Form schon lange nicht mehr erleben durften. Taschentücher nicht vergessen.
Alle paar Jahre taucht ein Spiel auf, das im Vorfeld zum Release viel weniger Beachtung findet als andere Titel - nur um dann bei Release den Boden mit diesen aufzuwischen.
Clair Obscur: Expedition 33 ist so ein Titel. Als erstes Spiel des französischen Entwicklerstudios Sandfall präsentiert es sich als japanisch angehauchtes Rollenspiel in europäischem Gewand. Wir wandern über eine Oberweltkarte, erkunden lineare Gebiete und bestreiten rundenbasierte Kämpfe. Freunde von Final Fantasy X dürften sich bei den Kämpfen sofort wohlfühlen. Eine Seitenleiste zeigt an, wer wann am Zug ist. Unsere Kämpferinnen und Kämpfer können mit Nah- und Fernkampfangriffen attackieren, Schwachpunkte nutzen, blocken und ausweichen.
Gerade letzteres ist ein elementarer Bestandteil der Kämpfe. Wer nämlich gegnerische Angriffsmuster lernt, kann sämtlichen Attacken ausweichen oder sie effektiv blocken und kontern. Dadurch sammeln wir Aktionspunkte, mit denen wir Spezialangriffe auf die kreativ gestalteten Gegner niederprasseln lassen. Verschiedene Schwierigkeitsgrade lassen den Spielerinnen und Spielern dabei die Wahl, wie herausfordernd sie diese Kampfmechaniken haben möchten.
Uns hat dieses Mischmasch aus rundenbasierten Kämpfen, Blockmechaniken und Spezialfertigkeiten sehr zugesagt. Es fühlt sich an wie eine frische Weiterentwicklung bekannter Elemente, die sich organisch zusammenfügen. Sie ermöglichen ein abwechslungsreiches Gameplay, das mit freischaltbaren Fähigkeiten und Magien zusätzliche Tiefe erhält.
Neben den vielen positiven Aspekten des Spiels ist auch die Story eine der grossen Stärken. Die Figuren sind sympathisch und mit viel Liebe gezeichnet und von hervorragenden Sprecherinnen und Sprechern vertont. Darunter etwa Charlie Cox (Daredevil) als Gustave, Andy Serkis (Gollum aus The Lord of the Rings) und Ben Starr (Clive aus Final Fantasy XVI). Die rund 30-stündige Kampagne bietet viele Höhen und Tiefen und wartet mit dem einen oder anderen Twist auf, der uns kalt erwischt hat.
Einen wesentlichen Teil der traumartigen Atmosphäre und der Melancholie verdankt das Spiel seinem fantastischen Soundtrack. Komponist Lorien Testard kombiniert hier epische Orchesterklänge mit traurigen Klavier- und Violinstücken und Chorälen zu einem wunderbaren Soundteppich, der das Geschehen perfekt unterstreicht.
Optisch macht Clair Obscur: Expedition 33 eine sehr gute Figur. Auch wenn das Spiel nicht ganz mit der AAA-Liga mithalten kann, präsentiert es seine Levels abwechslungsreich und detailliert, überzeugt mit schönen Landschaften, Lichtstimmungen und Charaktermodellen und Effekten. Zudem läuft das Geschehen weitgehend fehlerfrei und ohne Ruckler. Einzig Clipping-Fehler kratzen an der ansonsten stimmigen Grafik.
Chris Bucher [chb]
Chris ist ein Luzerner Filmemacher, Journalist und leidenschaftlicher Gamer. Er mag alles, was mit Horror zu tun hat. Seine Devise lautet: Je morbider, desto besser. Für OutNow schreibt er seit 2019 regelmässig Reviews. Er hat eine Schwäche für alte Dinosaurierfilme.