Das Ende der Sengoku-Zeit, die Zeit der kriegführenden Länder in Japan, neigt sich dem Ende zu. Diogo, ein Sklave aus Mosambik, macht mit seinen Fähigkeiten beim Shogun Oda Nobunaga auf sich aufmerksam. Dieser bietet ihn als Waffenträger auf und später, neu unter dem Namen Yasuke, steht er ihm als Samurai zur Seite. Er begleitet ihn unter anderem dabei, eine Siedlung in Iga anzugreifen.
Von diesem Schlachtfeld flüchtet die Shinobi Naoe mit einer geheimnisvollen Box, um sie zu verstecken. Doch sie wird ihr von einem maskierten Samurai gestohlen. Nachdem sie den Samurai verfolgt, umbringt und die Box wieder besitzt, wird sie erneut angegriffen, diesmal von einer ganzen Gruppe maskierter Samurai. Diese verwunden sie stark und ihren Vater, Nagato, tödlich. Sie schwört Rache an den Gruppe, der Shinbakufu, und beginnt, Verbündete zu rekrutieren. Einer davon ist Yasuke. Gemeinsam macht das ungleiche Duo Jagd auf die übriggebliebenen Shinbakufu, die sich über ganz Zentraljapan verteilt haben.
Das Warten aufs japanische Setting hat sich gelohnt: Assassin's Creed Shadows überzeugt mit einer atemberaubend schönen Welt, einer spannenden Missionsstruktur und zwei coolen Protagonisten. Die Aufteilung auf zwei so unterschiedliche Spielstile mit zwei Figuren dürfte mitunter hingegen ein Grund dafür sein, dass sich die Kampfmechanik beider nicht ganz so raffiniert anfühlt.
Ein Assassin's Creed im feudalen Japan stand seit dem allererstem Teil ganz weit oben auf der Setting-Wunschliste der Fans. Die Existenz von Ghost of Tsushima nahm dem Ganzen etwas den Wind aus den Segeln, doch Assassin's Creed Shadows braucht sich von keiner Konkurrenz zu verstecken.
Zwar beginnt die Handlung um die beiden ungleichen Protagonisten Yasuke und Naoe etwas holprig mit Zeit- und Figurensprüngen, denen etwas der Kontext fehlt. Doch darauf folgt eine lange Sektion, die nur als Naoe absolviert wird und lässt Shadows Fuss fassen. Naoe, die Shinobi, spielt sich fantastisch. Sie klettert und sprintet in bekannter AC-Manier auf und über Dächer und ist mit dem neuen Enterhaken noch mobiler als bisherige Protagonistinnen. Im direkten Schwertkampf ist sie schwächer, allerdings nicht hilflos. Ausserdem sind ihre Free-Running-esken Bewegungen toll anzusehen. Die titelgebende Schattenmechanik, die Naoe Lichter löschen und in den Schatten verschwinden lässt, geht dafür recht unter. Insgesamt fühlt sie sich etwas mehr wie die Protagonistin an als Yasuke.
In seiner fetten Samurai-Rüstung, bepackt mit Katana, Teppo-Gewehr und Pfeilbogen, ist Yasuke alles andere als beweglich. Er ist der Mann fürs Grobe, der mit Wucht durch Burgtore prescht und deutlich mehr einstecken kann als die flinke Naoe. Die Balance zwischen den beiden hält sich aber gut und man vermisst die andere Figur nur selten. Gewisse Unterschiede werden mit einer guten Prise Humor gehandhabt. Wenn Yasuke nach der Schnellreise von einem Burgturm in den Heuhaufen springt, macht er dies mit dem Hintern voraus und purzelt auf den Boden. Nichts mit Stealth. Ausserdem gibt es diverse Missionen, in denen sie sich abwechseln, was die Missionen etwas interessanter macht.
Wie die Missionen in Assassin's Creed Shadows gestellt werden, gefällt sehr. Die Hauptquest ist simpel: Die Shinbakufu zu erledigen. Geleitet wird das Ganze durch das Spielerlevel, doch wer sich mehr zutraut, kann auch höhere Level theoretisch früher angehen. Doch das ist eher unrealistisch, denn dafür ist das Kampfsystem dann doch zu unpräzise und teils zu chaotisch, wenn's gegen mehrere Gegner geht. Dies kann gerade dann frustrierend sein, wenn Gewehrschützen im Spiel sind.
Was allerdings richtig gut funktioniert, ist die Verschachtelung einzelner Missionen. Anstatt Naoe oder Yasuke einfach auf Fetch-Quests zu schicken, tun sich innerhalb der Missionen neue Aufgaben auf, die in der Regel ans Ermorden diverser Ziele geknüpft sind. Über diese gilt es zuerst Infos zu sammeln und dann strategisch herauszufinden, in welcher Reihenfolge sie zu erledigen sind. Nicht alle dieser Missionen sind gleich clever oder tief, aber das System macht das «Abarbeiten» der Ziele wesentlich interessanter. Die Geschichte an sich ist genügend und erzählt ein wenig die typischen Samurai-Tropes nach.
Was Shadows gegenüber seiner Vorgänger allerdings etwas vermissen lässt, sind die deutlich unterscheidbaren Regionen. Zwar sind die neuen Jahreszeiten toll und bringen in die ganze Welt eine gewisse visuelle Abwechslung, doch sonst scheinen alle Burgstädte etwas gar ähnlich. Ausserdem wirken sie nicht ganz so lebendig wie noch z. B. in Odyssey. Dafür sieht die Welt an sich sonst absolut umwerfend aus. Gerade die Wetter-, Licht- und Lichteffekte in Kombination mit den Blättern und Wiesen sind fantastisch. Dazu kommt die starke Architektur. Einerseits die grundsätzlich visuell spannenden Bauten in Japan, beispielsweise die heute nicht mehr stehende Burgstadt Azuchi, und andererseits diverse zerfallende Tempelanlagen, die im Regen richtig mysteriös wirken.
So weiss Assassin's Creed Shadows - zugegebenermassen erwartungsgemäss - visuell absolut zu überzeugen. Die Spielwelt, die die Ubisoft-Teams hier geschaffen hat, ist wirklich atemberaubend. Die beiden Protagonisten Naoe und Yasuke ergänzen sich gut, allerdings leidet das Kampfsystem etwas, was die Präzision angeht. Doch es macht wieder über Stunden Spass, das feudale Japan zu erkunden, unterstützt von einer smarten Missionsstruktur.
Nicolas Nater [nna]
Nicolas schreibt seit 2013 für OutNow. Er moderiert seit 2017 zusammen mit Marco Albini den OutCast. Ausser für Geisterbahn-Horrorfilme, überlange Dramen und Souls-Games ist er filmisch wie spielerisch für ziemlich alles zu haben. Ihm wird aber regelmässig vorgeworfen, er hätte nichts gesehen.