Nach den äusserst beliebten und erfolgreichen Octopath-Traveler-Games wagt sich das japanische Studio Acquire an einen Mario-Titel - ausserhalb des Mushroom-Kingdoms, ohne Bowser als Gegenspieler und mit einem komplett neuen Look. Dass das Studio rundenbasierte Kämpfe und Rollenspiele kann, hat es bewiesen. Aber kann es auch Mario?
Eines Tages öffnet sich im pilzigen Königreich - mal wieder - ein Portal in eine fremde Welt. Mario und Luigi landen in Concordia, wo Strom wortwörtlich auf Bäumen wächst. Allerdings liegt die Welt in Trümmern. Der böse Zokket und seine Schergen haben den Uni-Tree zerstört, worauf der Kontinent zerbrochen ist. Sie wollen den kostbaren Connectar für ihre Machenschaften missbrauchen. Seither schwimmen einzelne Inseln ziellos im Meer umher. Mithilfe der Wattanistin Connie müssen die Brüder versuchen, das Ländernetzwerk wieder zu verbinden und den Schurken den Stecker zu ziehen.
Mario & Luigi: Brothership bietet liebenvollen Slapstick, ein solides Kampfsysten und einige witzige Ideen. Allerdings ist der Kontrast zwischen der kindlichen Story und einzelnen Schwierigkeitsspitzen zu gross und hat zu viel Füllmaterial, um mehr oder weniger clevere Elektronikwortspiele zu verwursten. Dadurch wird das Game etwas gar lang, Spass hat man mit dem Spiel aber allemal.
Mit Mario & Luigi: Brothership veröffentlicht Nintendo zwar das dritte rundenbasierte RPG innerhalb von zwölf Monaten, doch es ist im Gegensatz zu Mario RPG und Paper Mario kein Remake. Das Erkunden der Welt und das Kampfsystem lässt sich grundsätzlich vergleichen, doch sonst ist das Spiel vollgepackt mit neuen Ideen. Vielleicht sogar etwas zu vollgepackt.
Als erstes fällt direkt der Look auf, denn anstatt auf die normale Kaugummi-Optik setzt Brothership auf eine Cel-Shading-Grafik, die Mario und Luigi so cartoony wie noch selten aussehen lässt. Auch ihr Verhalten, gerade in Kämpfen oder Dialogen, ist überraschend überzeichnet, fast wie in Zeichentrickserien von früher. Das gibt dem Ganzen einen angenehmen Slapstick-Charakter und sieht auch hübsch aus. Im Handheld-Modus sieht das Spiel noch ein bisschen besser aus, denn die alternde Switch kämpft im gedockten Modus etwas mit der Framerate.
Die sehr simple Geschichte richtet sich ganz klar an Kinder. Während die «Cartooniness» auch für Erwachsene witzig ist, ist die Story unheimlich dröge. Sie rezykliert die ältesten, einfachsten Klischees und Formeln, die doch recht viel Raum einnehmen. Dies beisst sich dann wiederum mit den Kämpfen, die an vereinzelten Stellen extreme Schwierigkeitsspitzen haben - die Koopa-Troopa-Gruppe und Pipegunk können direkt zur Hölle fahren. Es ist allerdings erstaunlich, wie schräg - im guten Sinn - die Geschichte gegen den Schluss wird.
Grundsätzlich ist das rundenbasierte Kampfsystem einfach zu erlernen. Mario und Luigi können Gegner entweder mit ihren Hämmern hauen oder auf sie draufhüpfen, um Schaden zu machen. Mit Bro-Moves lässt sich auf einen Tätsch mehr Schaden anrichten, mit Kampfsteckern etwas später im Game etwas gezielter und taktischer angreifen. Das hält die Kämpfe über eine gewisse Zeit interessant, doch irgendwann hat man sich auf dieselben Stecker festgefahren, da nicht alle gleich nützlich sind. Ausserdem frustriert es, dass die Konter nicht wirklich präzise sind und man so oft unnötig Schaden nimmt.
Die verschiedenen Inseln an sich zu erkunden macht durchaus Spass. Um überhaupt zu den Inseln zu kommen, müssen Mario und Luigi diese zuerst finden, denn die Basis, Shipshape, ist eine Insel in Form eines Schiffs. Sie folgt verschiedenen Strömen, auf denen wiederum die Zielinseln zu finden sind. Diese Mechanik wirkt eher wie Füllmaterial, denn einen wirklichen Mehrwert bietet sie nicht.
Dasselbe gilt für die Nebenmissionen. Es scheint, als habe das Entwicklungsteam einfach alle möglichen Elektrikwortspiele ins Spiel packen wollen, wodurch das Ganze auch ein Stück zu lang wird. Mario & Luigi: Brothership ist also nicht gerade elektrisierend - dafür war die Frequenz der Mario-RPGs kürzlich einfach auch zu hoch -, den Stecker ziehen muss man deswegen aber nicht gleich.
Nicolas Nater [nna]
Nicolas schreibt seit 2013 für OutNow. Er moderiert seit 2017 zusammen mit Marco Albini den OutCast. Ausser für Geisterbahn-Horrorfilme, überlange Dramen und Souls-Games ist er filmisch wie spielerisch für ziemlich alles zu haben. Ihm wird aber regelmässig vorgeworfen, er hätte nichts gesehen.