Dragon's Dogma II (2024)

Dragon's Dogma II (2024)

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PS5-Review: Vielleicht doch eher «Goblin's Dogma»

© Capcom

2012 hat uns bereits das erste Dragon's Dogma überzeugt, und auch seine Erweiterung hat einen tollen Eindruck hinterlassen. Trotz überwiegend positiver Kritiken hat sich das Rollenspiel aus dem Hause Capcom besonders im Westen eher schlecht als recht verkauft. Dennoch hat sich um das Spiel eine Art Kultgemeinschaft entwickelt, welche die intelligent designte Spielwelt und das herausfordernde Gameplay zu schätzen wusste.

Mehr als eine Dekade später ist die Spielerschaft mit Titeln wie Dark Souls, Elden Ring und Co. gereift. Obskure Spielsysteme und anspruchsvolle Kämpfe machen aus Spielen kein Regalblei mehr, sondern sind im Mainstream vollumfänglich etabliert. Schauen wir also, ob Dragon's Dogma II davon profitieren kann.

Nach anfänglicher Skepsis schafft es Dragon's Dogma 2, uns in seinen Bann zu ziehen. Es braucht eine kleine Weile, bis man sich mit den Systemen vertraut macht und sich auf das Erlebnis einlässt, doch dann kann man den Controller kaum mehr weglegen. Zu stark ist der Reiz, etwas zu erkunden, der Drang nach einem weiteren kleinen Abenteuer. Ihr werdet sicherlich Spiele finden, die perfekter aussehen sind oder eine spannendere Geschichte erzählen; ein Spiel jedoch, das jede Session ein neues, aberwitziges Abenteuer bietet, wohl kaum.

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Friction, ist das Modewort, das vielfach im Zusammenhang mit Dragon's Dogma II genannt wird. Der Begriff ist nicht genau definiert. Er bezieht sich auf verschiedene Elemente des Spieldesigns, die Reibung zu den Spielern entstehen lassen. Während die allermeisten Spiele - insbesondere Live-Service-Games wie CoD Warzone oder Destiny 2, aber nicht nur - darauf erpicht sind, Reibung zu verhindern und das Spielerlebnis möglichst flüssig zu gestalten, bauen andere gezielt Widerstände auf, um das Spielerengagement zu fördern. Die Spieler werden gezwungen, sich vertieft mit dem Spiel, seiner Welt und seinen Mechaniken auseinanderzusetzen, um es zu geniessen.

Die bekannteste Spielreihe, die auf stark Friction setzt, ist Dark Souls. Doch Vorsicht: Es wäre zu kurz gegriffen, wenn wir hierbei lediglich auf den Schwierigkeitsgrad verwiesen. Dieser ist nur eines unter vielen möglichen Friction-Elemente. Weitere sind beispielsweise die schier undurchdringliche Story oder die untererklärten Mechaniken (wie funktionieren Vagrants?).

Das erste Dragon's Dogma wurde aus ebendiesem Grund oft mit der Souls-Reihe verglichen: Die Spieler müssen gegen Widerstände ankämpfen, um dem Spiel seinen Spass zu entlocken. Das gilt auch für den zweiten Teil. Zwar ist der Plot eher simpel und klar umrissen. Andere Elemente teilt das Spiel mit den Titeln von FromSoftware: Das Tutorial ist einfach gehalten und erklärt nur das Nötigste. Viele Mechaniken lernt man erst, wenn man sie genauer ergründet, wenn man selbst ausprobiert und schaut, was dabei rauskommt.

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Dragon's Dogma II schränkt beispielsweise die Schnellreise enorm ein. Ihr braucht dafür ein Item namens Ferrystone, das sehr rar ist. Dies zwingt euch, viele Wege zu Fuss zu gehen, was wiederum zur Folge hat, dass ihr die Spielwelt besser kennenlernt. Gleichzeitig schafft das Spiel so zahlreiche Möglichkeiten, um euch von eurem ursprünglichen Ziel abzulenken. Die Ablenkung erfolgt in aller Regel organisch anhand auffälliger Wahrzeichen wie Ruinen oder Höhlen, aber auch herumwandernde, grosse Bossgegner oder dynamische Ereignisse werden eure Neugier kitzeln. Ihr müsst also eure Reise im Vornherein gut planen. Unnötiger Proviant verdirbt mit der Zeit und nimmt nur kostbaren Inventarplatz ein.

Bei der Loss Gauge handelt es sich um eine weitere Friction-Mechanik. Sie führt dazu, dass genommener Schaden eure maximalen Lebenspunkte reduziert und ihr sie erst wieder zurückgewinnt, wenn ihr gerastet habt. Rasten könnt ihr jedoch nur in Camps, die nicht auf der Karte gezeichnet sind, oder in den Städten. Dies stellt euch vor schwierige Entscheidungen. Wagt ihr es, den nächsten Bereich zu erkunden, wenn eure Party nur noch einen kleinen Lebensbalken hat? Falls nicht: Werdet dieses Gebiet später wieder aufsuchen? Markierungen kann man auf der Karte keine setzen. Ebenfalls zu berücksichtigen: Das Inventar ist voll, und wegen des Gewichts leert sich der Ausdauerbalken sehr schnell. Kampf und Mobilität sind dadurch stark eingeschränkt. Werdet ihr den Loot überhaupt mitnehmen können?

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Dies ist oft mit haarsträubenden Abenteuern verbunden. Beispielsweise wollt ihr auf dem Weg in die Hauptstadt nebenbei eine Höhle erkunden. Diese stellt sich als grösser heraus als anfänglich gedacht. Die Gewichtsanzeige steht auf schwer und ihr könnt kaum noch rennen, doch die Beute reizt. Langsam kämpft sich die Party mit halber Lebensenergie durch die engen, dunklen Gänge. Dass nun plötzlich ein Bossgegner mit doppeltem Lebensbalken auftaucht, kommt ungelegen, aber ihr kriegt ihn dennoch runter.

Raus aus der Höhle seht ihr am rechten Wegesrand einen Campingplatz und durch die Party geht ein erleichtertes Raunen. Doch was ist das? Auf der gegenüberliegenden Flussseite seht ihr eine Schatztruhe. Die nehmt ihr schnell noch mit. Ihr rennt also über die Brücke, als plötzlich Goblins auftauchen und sie einstürzen lassen. Ihr stürzt aber nicht in den Tod, denn ihr habt es gerade noch so auf die andere Seite geschafft. Doch nun blickt ihr mit vollem Inventar und halber Lebensleiste sehnsüchtig zurück auf das unerreichbare Camp.

Solche Geschichten bietet Dragon's Dogma II zuhauf. Es sind diese Geschichten, die ihr vom Spiel mitnehmen werdet und die den Titel zu etwas Besonderem machen. Selbst wenn der technische Unterbau auf wackligen Füssen steht und die grosse Anzahl an belanglosen Kämpfen gegen einfache Goblins nerven, kommt ihr fast nicht dazu, mit dem Spielen aufzuhören. Denn da hinten, versteckt auf einem Hügel, habt ihr eine Struktur entdeckt. Und darin könnte sich eine dringend benötigte neue Rüstung verstecken. Das nehmen wir auf dem Weg zum Quest-Ziel schnell mit. Ähm..., was war das Quest-Ziel nochmal?

Alejandro Garcia [ale]

Alejandro schreibt und redigiert im Games-Bereich seit 2009 für OutNow. Sein Einflussbereich ist die Konsole, wo er Militär-Shooter und Racer mit Erfolg vermeidet. Dafür verschlingt er alles, was FromSoftware ihm vorsetzt.

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