Alien: Rogue Incursion (2024)

Alien: Rogue Incursion (2024)

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PS5-Review: In VR hört dich niemand schreien

Willkommen zur Paartherapie, Herr und Frau Xenomorph.
Willkommen zur Paartherapie, Herr und Frau Xenomorph. © Survios

Der Bewegungssensor gibt ein rhytmisches Piepen von sich. Auf dem Screen beobachten wir, wie sich ein leuchtender grüner Punkt unserem Standort nähert. Zur selben Zeit vernehmen wir ein Zischen und ein stetig lauter werdendes Tapsen aus den Lüftungsschächten - dann, urplötzlich, lässt sich eine grässliche Kreatur von der Decke fallen und springt uns aus dem Dunkel an.

Willkommen in Alien: Rogue Incursion. In der Rolle von Zula Hendricks sind wir auf den Planeten Purdan abgestürzt. Mit der Unterstützung unseres synthetischen Begleiters Davis 01 machen wir uns auf den Weg in die dortige Forschungsstation, aus der wir zuvor einen kryptischen Notruf erhalten haben. Doch rasch stellt sich heraus: Hier ist niemand mehr, der noch gerettet werden könnte. Stattdessen müssen wir fortan um unser eigenes Überleben kämpfen. Denn die Station ist von blutrünstigen Aliens überrannt worden, und sie lauern nun in den Lüftungsschächten der verwinkelten Raumstation auf frische Beute.

Von Beginn an zieht einen Alien: Rogue Incursion mit seiner dichten Atmosphäre in den Bann. Die fantastische audiovisuelle Umsetzung und das kluge, verwinkelte Leveldesign, zusammen mit der ständigen Bedrohung durch die Aliens treiben den Puls hoch. Leider flacht der Spielspass im letzten Drittel durch zunehmendes Backtracking und einen sich ständig wiederholenden Gameplay-Loop bedeutend ab. Statt intensiver Spannung bietet das letzte Spieldrittel öde Fetch-Quests und ein enttäuschendes Cliffhanger-Ende.

Ihr Kinderlein kommet …
Ihr Kinderlein kommet … © Survios

Alien: Rogue Incursion verhält sich zu Alien: Isolation wie der 1979er-Alien-Film zu seinem Nachfolger Aliens aus dem Jahr 1986. Anstatt einem übermächtigen Xenomorph steht man plötzlich einer ganzen Horde blutrünstiger Aliens gegenüber. Doch dieses Mal müssen wir uns nicht aus Wehrlosigkeit verstecken, sondern ziehen mit ordentlich Waffenpower gegen die Biester in den Kampf.

Spielerisch bietet das Game gewohnte VR-Kost. Obwohl wir es während der rund acht- bis zehnstündigen Kampagne bis auf wenige Ausnahmen immer mit demselben Gegnertyp zu tun bekommen, bleiben die Kämpfe über weite Strecken spannend. Das liegt nicht zuletzt am Verhalten der Aliens. Während einige stumpf auf uns zumarschieren, um plötzlich zum tödlichen Sprung anzusetzen, kriechen andere im dunklen Schatten Wände und Röhren entlang, flankieren uns und greifen aus dem Hinterhalt an. Da schon zwei Treffer reichen, um uns ins Jenseits zu befördern, bleiben die Aliens stets bedrohlich - auch wenn wir ihnen nicht mehr wie in «Isolation» wehrlos ausgeliefert sind.

Bei Xenomorph-Befall arbeitet es sich im Home-Office einfach bequemer.
Bei Xenomorph-Befall arbeitet es sich im Home-Office einfach bequemer. © Survios

Zu unserer Ausrüstung gehören der ikonische Bewegungssensor, ein Werkzeug, um Schaltkreise zu überbrücken, und unser Waffenarsenal, bestehend aus Puls-Rifle, Revolver und Shotgun, ergänzt durch ein begrenztes Inventar an Heilungsspritzen, Munition und Granaten. Wie für VR üblich wird das Inventar durch Gesten bedient: Man zieht Waffen und Geräte direkt vom Körper, lädt manuell nach und injiziert sich die Spritzen eigenhändig. Das alles braucht seine Zeit. Deshalb sollte man in ruhigen Momenten stets sicherstellen, dass die Waffen durchgeladen und die Lebensenergie aufgefüllt ist. Die Waffennutzung funktioniert präzise, die Schiesseisen fühlen sich wuchtig an und weisen alle ein individuelles Handling auf.

Am Gefühl der steten Bedrohung hat nicht zuletzt auch die fantastisch eingefangene Atmosphäre ihren Anteil. Technisch gehört «Rogue Incursion» zu den Highlights des VR-Jahres 2024. Das Sounddesign ist hervorragend. Man hört die Aliens durch die Schächte tapsen, während Rohre zischen und Maschinen vor sich hinpiepen. Das Design aus den Alien-Filmen wurde ebenfalls stimmig eingefangen. Während des spannenden Erkundungstrips durch die verlassene Raumstation, wo Blutspuren und Leichen vom Todeskampf der früheren Belegschaft zeugen, findet man zahlreiche Audiologs, die kleinere Geschichten ebenso wie grössere Machenschaften enthüllen.

Die nächste Sicherheitsinspektion ist auch schon lange überfällig.
Die nächste Sicherheitsinspektion ist auch schon lange überfällig. © Survios

Gespeichert wird, bis auf seltene automatische Speicherpunkte, manuell am Computer in den «Panic Rooms». Diese sind so gesetzt, dass man selten frustrierend lange Spielpassagen wiederholen muss, wenn einem mal von einem Alien der Kopf abgerissen wurde. Nur an ein, zwei Stellen hätten wir uns einen zusätzlichen Speicherpunkt gewünscht. Der Schwierigkeitsgrad ist auf normaler Stufe gut ausbalanciert: Ressourcen wie Munition und Heilung sind knapp, aber ausreichend - solange man nicht verschwenderisch agiert. Das Überbrücken von Schalttafeln mit dem Werkzeugtool lockert das Geschehen auf. Dabei werden die Hirnzellen nicht wirklich herausgefordert, doch das Wissen, jederzeit hinterrücks von einem Xenomorph angegriffen werden zu können, hält die Spannung aufrecht.

Bis dahin ist das Spiel richtig gut: Ein kurzweiliger und atmosphärisch intensiver Action-Horrortrip, der den Puls nie ganz zur Ruhe kommen lässt. Doch leider verpasste das Team des kalifornischen Entwicklerstudios «Survios» den richtigen Zeitpunkt, um das Abenteuer zu beenden. Gefühlt wäre der Moment nach rund sechs Stunden gekommen, als man die Flucht aus der tödlichen Forschungseinrichtung geschafft hat. Doch statt eines stimmigen Endes hat sich das Entwicklerstudio für zwei bis drei weitere Spielstunden entschieden, bestehend aus massenhaft Backtracking und öden Fetch-Quests.

Gute Lichtverhältnisse für ein angenehmes Arbeitsklima sind hier nicht ganz gewährleistet.
Gute Lichtverhältnisse für ein angenehmes Arbeitsklima sind hier nicht ganz gewährleistet. © Survios

Kaum haben wir uns zu unserem Schiff zurückgekämpft, werden wir schon wieder aufgefordert, umzudrehen und zur Forschungseinrichtung zurückzukehren, um dort etwas zu holen. Ein repetitiver Gameplay-Loop aus immer denselben Wegen, dem Durchsuchen derselben Räume und denselben Scharmützeln mit denselben Aliens nimmt seinen Lauf. Wie bei einem Ballon, bei dem man das Ventil öffnet, geht dem Spiel die Luft aus. Dass man oft nicht genau weiss, wo man hin muss, und die Map wenig übersichtlich gestaltet ist, kommt erschwerend hinzu. Bald einmal sehnt man sich ein Ende herbei - und dieses kommt dann schliesslich in Form eines urplötzlichen Cliffhangers, der einen zusätzlich unbefriedigt zurücklässt.

Die ersten fünf bis sechs Stunden bieten intensiven Action-Horror und dichte Atmosphäre. Doch das schwache letzte Drittel überschattet das Gesamterlebnis spürbar.

Pascal Gut [gut]

Pascals Faszination gehört seit jeher dem Geschichtenerzählen in all seinen mannigfaltigen Formen und Ausprägungen. Schon früh hat er eine Leidenschaft fürs Schreiben entwickelt und tobt sich seither in unterschiedlichsten Projekten als freier Autor aus.

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Trailer: Story Englisch, 02:17