Fünf Jahre ist es her, seit Cal Kestis und seine Freunde es mit der Inquisition aufgenommen haben und zum Schluss Darth Vader geradeso entkommen konnten. Inzwischen ist Cal mit der Mantis, dem bereits aus dem Vorgänger Star Wars Jedi: Fallen Order bekannten Raumschiff, allein unterwegs und unterstützt die Rebellion im Kampf gegen das Imperium.
Auf seiner jüngsten Mission nimmt die Mantis heftigen Schaden und Cal sieht sich gezwungen, seinen alten Compagnon, Greez Dritus, um Hilfe bei der Schiffsreparatur zu bitten. Greez hat sich inzwischen eine neue Berufung gesucht und führt auf dem Planeten Koboh eine Cantina.
Nach dem Wiedersehen mit seinem alten Weggefährten findet Cal auf Koboh eine Reihe alter Relikte aus der Ära der Hohen Republik, die ihn auf die Spur des geheimnisvollen Planeten Tanalorr führen. In der Hoffnung, Tanalorr könnte als sicherer Hafen vor dem Imperium dienen, trommelt er seine alten Gefährten aus Fallen Order zusammen, um sich gemeinsam auf die Suche nach Tanalorr zu machen.
«Respawn Entertainment» folgt mit Star Wars Jedi: Survivor der üblichen Formel für AAA-Fortsetzungen: Sie behalten das grundlegende Spielprinzip des Vorgängers bei, bauen die Stärken konsequent aus und dezimieren einige der Schwachstellen. Und ja, das mag wenig originell sein, Spass macht es aber trotzdem. Das Spiel sieht dabei nicht nur gut aus, es bietet auch eine spannende Handlung, die vor allem durch ihre starke Figurenzeichnung punktet. Zwar hat das Spiel noch mit plattformabhängig mal mehr, mal weniger technischen Problemen zu kämpfen, doch den positiven Gesamteindruck trüben diese kaum.
Der Launch von Star Wars Jedi: Survivor stand unter keinem guten Stern. Von Seiten der Spielerinnen und Spieler hagelte es wegen der schlechten Performance des Spiels so heftige Kritik, dass sich EA zu einer schriftlichen Stellungnahme samt Entschuldigung genötigt sah. Besonders heftig betroffen von den technischen Problemen ist die PC-Version, die von vielen als unspielbar bezeichnet wird.
Doch auch auf den Konsolen liest man immer wieder von argen Problemen. Besonders der Performance-Modus erhält hierbei Schelte, weil es dem Spiel nicht gelingt, eine konstante Framerate von 60 FPS aufrechtzuerhalten. Uns selbst sind auf der PS5 im Qualitätsmodus keine grösseren Framerateeinbrüche aufgefallen. Tatsächlich kam es höchst selten zu spürbaren Rucklern. Unschön ins Gewicht fielen hingegen mal mehr, mal weniger stark nachladende Texturen und kleinere Grafikfehler.
Trotz der zum grössten Teil berechtigten Kritik ist Star Wars Jedi: Survivor optisch über weite Strecken ein richtiger Leckerbissen, der uns an ganz unterschiedliche Plätze im Star-Wars-Universum führt. Diese halten wiederum diverse bildgewaltige Panoramen für uns bereit. Wie schon im Vorgänger ist Cal Kestis eine Mischung aus Luke Skywalker und Nathan Drake. Das heisst, einerseits schnetzelt er sich elegant durch Gegnerhorden, andererseits klettert und springt er durch verwinkelte, weitläufige Areale und löst dabei Umgebungsrätsel. Beide Elemente wurden im Nachfolger zu Star Wars Jedi: Fallen Order konsequent ausgebaut und verfeinert.
Im Gegensatz zu Fallen Order beginnt Cal nicht mehr als Padawan, sondern als trainierter Jedi, der bereits über einige beachtliche Fähigkeiten verfügt. Diese werden im Verlaufe des Spiels natürlich immer weiter ausgebaut. Es gibt die Machtfähigkeiten, mit denen wir etwa Gegner wegstossen, heranziehen oder für eine kurze Zeit für uns kämpfen lassen. Aber der eigentliche Fokus liegt auf Cals Lichtschwertfertigkeiten. Hier stehen uns im Verlauf des Spiels bis zu fünf verschiedene Kampfstile zur Verfügung, von denen jeder über einen eigenen Skilltree verfügt. Das Skillsystem ist ausserordentlich motivierend, weil man im Spiel deutlich spüren kann, wie man stetig mächtiger wird.
Die neuen Kampfstile sind eine willkommene Ergänzung und unterscheiden sich teilweise stark voneinander. So ist es nun in Jedi: Survivor sogar möglich, im Kampf das Lichtschwert mit einem Blaster zu kombinieren. Die Steuerung ist dabei über weite Strecken eingängig, und vor allem fühlen sich die Lichtschwerthiebe schön kräftig an. Probleme tauchen auf, wenn grössere Gegnerhorden bestehend aus Fern- und Nahkämpfern auf einen losgehen. Dann kann es doch arg unübersichtlich werden, und insbesondere ein gezielter Einsatz der Machtfähigkeiten ist kaum mehr möglich.
Die Sprung- und Kletterpassagen funktionieren diesmal besser als im Vorgänger, wo sie manchmal eher störend daherkamen. Das hat auch damit zu tun, dass die Welten, durch die sich Cal bewegt, in der Fortsetzung viel weitläufiger und verwinkelter ausgefallen sind und so mehr zum Erkunden einladen. Überall gibt es was zu finden, und der Loot besteht nicht mehr wie bei Fallen Order aus beinahe ausschliesslich kosmetischen Schnickschnack. Zudem gibt es nun auch Mounts, also Reittiere, die das Vorankommen erleichtern, und sogar ein Schnellreisesystem hat es ins Spiel geschafft. Die Rätseleinlagen sind ebenfalls gut gelungen und bringen so weitere Abwechslung in den Jediritter-Alltag.
Natürlich hat es auch die Soulslike-Mechanik mit in die Fortsetzung geschafft. Das heisst, bei einem vorzeitigen Tod im Kampf verliert man all seine gesammelten Erfahrungspunkte und wird an den letzten Meditationspunkt zurückgesetzt. Diese Meditationspunkte sind in der Welt verteilte Plätze, wo man rasten und sich aufleveln kann. Nach dem ersten Ableben erhält man die Chance, die verlorenen Erfahrungspunkte wieder zurückzuholen, darf zuvor aber nicht mehr sterben.
Wenn man an den Meditationspunkten rastet, erhält man seine Lebenspunkte und eine beschränkte Anzahl von Stims zurück, mit denen sich die eigene Lebensleiste auffüllen lassen. Allerdings werden durch das Rasten auch alle zuvor besiegten Gegner wieder zum Leben erweckt. Das Ganze funktioniert ganz gut und sorgt auch immer mal wieder für etwas Angstschweiss auf der Stirn. Andererseits wirkt gerade das Rücksetzen von Gegnern innerhalb der Welt von Star Wars ein wenig wie ein Fremdkörper.
Auf dem normalen Schwierigkeitsgrad ist das Spiel ordentlich fordernd. Im Gegensatz zu den Entwicklerinnen und Entwicklern von FromSoftware zwingen diejenigen von Respawn Entertainment ihren Spielerinnen und Spielern allerdings den Härtegrad nicht auf. Stattdessen bieten sie fünf Schwierigkeitsgrade sowie weitere Einstellungsoptionen an. So können sich alle ihr Spielerlebnis optimal auf die eigenen Bedürfnisse anpassen.
Jedi: Survivor ist nicht nur grösser im Bezug auf die erkundbaren Areale, es hält auch noch eine ganze Reihe neuer Nebenaktivitäten parat. Diese findet man in der Cantina auf Koboh, Cals neuer Homebase. Neben der Möglichkeit, mit den Gästen zu interagieren und so Nebenmissionen abzuholen, verstecken sich hier noch verschiedene weitere Nebenaktivitäten.
Holotaktik etwa ist ein holografisches Brettspiel, wo zwei Spieler verschiedene Einheiten auf einem Brett positionieren und dann in den Kampf gegeneinander schicken. Eine andere Nebentätigkeit ist der Garten auf dem Dach. Diesen gilt es auszubauen und zu pflegen, indem man in der Spielwelt gefundene Samen einpflanzt. Diese und andere kleine Nebentätigkeiten sind als kurzer Zeitvertreib ganz nett, bringen aber keine besondere Spieltiefe mit sich.
Neben den Gameplaymechaniken kommt der Story in diesem Game eine grosse Bedeutung zu. Die Handlung selbst dürfte insbesondere die hartgesotteneren Star-Wars-Fans erfreuen, weil hier endlich mal wieder die in den Filmen und Serien eher stiefmütterlich behandelte Ära der Hohen Republik eine wichtige Rolle spielt. Die Handlung kommt zwar nur langsam in Gang, nimmt in der zweiten Spielhälfte aber ordentlich an Fahrt auf und vermag vor allem dank der stark geschriebenen Charaktere zu packen. Cal und sein Team sind nämlich keine eindimensionalen Pappkameraden, sondern nachvollziehbare Figuren, die mit individuellen Sehnsüchten, Zweifeln und Ängsten ihren Weg durch eine von Gewalt und Tyrannei geprägte Welt suchen.
So laut der Aufschrei über den verpatzten Launch des Spiels auch ausgefallen ist, zumindest auf den Konsolen ist EA und Respawn Entertainment mit Star Wars Jedi: Survivor nüchtern betrachtet eine klasse Fortsetzung gelungen, die konsequent die Stärken von Fallen Order ausgebaut und weiter verfeinert hat. Ist man erst mal drin im gelungenen Flow aus packenden Lichtschwertkämpfen, motivierendem Erkunden und spannender Handlung, sind auch die technischen Mankos (wenigstens auf den Konsolen) rasch vergessen.
Pascal Gut [gut]
Pascals Faszination gehört seit jeher dem Geschichtenerzählen in all seinen mannigfaltigen Formen und Ausprägungen. Schon früh hat er eine Leidenschaft fürs Schreiben entwickelt und tobt sich seither in unterschiedlichsten Projekten als freier Autor aus.