Ein riesiges ausserirdisches Artefakt taucht urplötzlich im Weltraum auf und nähert sich der Erde. Fachleute nennen es Metahedron. Die Spezialtruppe SCAR (Sentinent Contact Assessment and Response) will das ausserirdische Konstrukt untersuchen. Doch beim Versuch, Kontakt aufzunehmen, wird die gesamte Besatzung mitsamt Astronautin und Wissenschaftlerin Kate Ward in eine andere Galaxie geschleudert.
Kate kommt auf einem fremden Exoplaneten wieder zu sich. Von ihrer Besatzung findet sie zunächst keine Spur. Nur ein paar Trümmer und noch funktionierende Materialien des Besatzungsschiffs sind noch auffindbar. Völlig irritiert macht sie sich auf den Weg, einem mysteriösen Funksignal zu folgen. Sie merkt schnell, dass sie auf dem Planeten nicht alleine ist und sich unbedingt bewaffnen muss…
Eine Astrowissenschaftlerin, die sich nach einem mysteriösen Alienangriff auf dem Planeten Nirgendwo zurechtfinden und dabei noch gegen ultraböse Gegner kämpfen muss: Was sich ganz fest nach Returnal anhört, ist auf den zweiten Blick ein nicht ganz kritikbefreites Shooter-Abenteuer. Scars Above reitet definitiv auf der gleichen Welle wie das preisgekrönte «Roguelite», droht aber wegen einiger Mängel unterzugehen.
Es ist eigentlich nicht ganz fair, den neusten Titel der serbischen Gamedesigner von Mad Head Games mit Returnal zu vergleichen. Und es macht es umso schmerzhafter, da die Produktion von Scars Above noch vor dem Knüller von Housemarque begonnen hat. Aber leider muss sich der AA-Titel ganz klar vor dem AAA-Titel verneigen: In fast allen Kategorien zieht Scars Above den kürzeren, was aber nicht heisst, dass der Action-Shooter nicht auch herausfordern kann und einige Spassanteile besitzt.
Wir schlüpfen in die Haut von Kate Ward, die auf dem Exoplaneten auf der Suche nach der Wahrheit ist. In bekannter Third-Person-Action-Manier sind wir zunächst wenig bewaffnet und verwundbar, erhalten aber bereits nach kurzer Zeit Schuss- und eine Melee-Waffe, die wir gegen die bösen Aliens einsetzen können. Sofort sticht die Komplexität ins Auge: Scars Above will keinesfalls simpel ausfallen, daher haben alle Waffen Mehrfachfunktionen und können je nach Gegnertyp eingesetzt werden. Daneben dienen viele Materialien des Planeten als Ressourcen und wir erhalten durch einige davon «Ability Points», mit denen wir unsere Heldin «aufmotzen» können.
Wer also alles sammelt, alle wissenschaftlichen Informationen aufnimmt und darin viel Zeit investiert, wird belohnt. Gespeichert wird bei fix definierten Speicherportalen. Und hier taucht der Action-Shooter mit einem Zeh ins «Roguelite»-Gewässer, denn nach dem Speichern respawnen alle Gegner erneut. Obwohl die Game-Mechanik vielfach ruppelt und unsere Heldin bei Attacken nicht immer optimal ausweichen kann, ist schnell erfasst, wie man Scars Above spielen muss. Hinzu kommt, dass das Spiel von uns erwartet, nicht gedankenlos an Kämpfe heranzugehen. Dies wird aber bereits nach kurzer Zeit sehr repetitiv und mindert echt ein bisschen den Spielspass.
Scars Above ist für Actionfans mit Geschicklichkeit und Shooter-Erfahrung garantiert der grössere Spass. Es kommt ein paarmal vor, dass man gewisse Hordenangriffe mehrmals wiederholen muss. Und bei den Bossen hat man ohne Taktik sowieso keine Chance. Die Mechanismen der Bosse ist jedoch vielfach dermassen übertrieben intelligent inszeniert, dass hier das Feeling verlorengeht und man einfach nur noch nach Schema F taktisch herumballert, damit der Kampf bald mal sein Ende nimmt.
Storytechnisch darf nicht viel verraten werden. Die Macher von Mad Head Games sehen die überraschende und ausgeklügelte Story als einen grossen Mehrwert von Scars Above. An dieser Stelle darf jede Person für sich selbst entscheiden, ob die hohen Erwartungen diesbezüglich erfüllt werden oder nicht. Und sonst steht der Planet Atropos als herausfordernde, aber perfekt inszenierte Alternative ja auch noch zur Auswahl.
Christian Wolf [woc]
Christian arbeitet seit 2009 als Freelancer bei OutNow. Er mag ultradüstere Filmperlen und süffige Survival Horror Games. Animationsfilme sind ihm ein Gräuel. Christian vertritt als Einziger den smoothen Berner Dialekt im Team.