The Callisto Protocol (2022)

The Callisto Protocol (2022)

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PS5-Review: Die Hard in Space

«Seh ich schon wieder doppelt?»
«Seh ich schon wieder doppelt?» © Skybound Games

Es ist das Jahr 2320. Raumschiffpilot Jacob Lee (Josh Duhamel) und sein Partner Max wollen eigentlich nur noch ihre Fracht abliefern und dann in den wohlverdienten Urlaub gehen. Doch soweit kommt es nicht. Ihr Raumschiff wird von Weltraumpiraten attackiert und stürzt auf dem Jupiter-Mond Callisto ab. Als das vermeintliche Rettungskommando auftaucht, wird Jacob abgeführt und ohne anständige Begründung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.

Obwohl sich Jacob gegen das unerwartete Urteil wehrt, landet er noch am selben Tag in einer Zelle der gigantischen Haftanstalt. Nach einer Nacht voller beängstigenden und merkwürdigen Albträume wacht Jacob schweissgebadet in seiner Zelle auf. Doch nichts ist mehr, wie es war. Was zuerst wie ein Tumult oder ein Aufstand der Gefängnisinsassen aussieht, entpuppt sich als wahrer Horror. Der Grossteil der Gefangenen und Wärter hat sich in abscheuliche Monster verwandelt.

Sci-Fi-Horror-Fans kommen an The Callisto Protocol fast nicht vorbei. Das neuste Spiel der Dead Space-Macher ist optisch eine Augenweide und audio-visuell eine solche Wucht, dass sogar Filmfans Gefallen am Third-Person-Shooter finden werden. Alien lässt grüssen. Trotz ein paar Schwächen in der Steuerung und im Gameplay trifft der blutige Horror-Actioner vor allem dank der atmosphärischen und detailreichen Optik ins Schwarze. Man darf gespannt sein, was die Entwickler für die Zukunft noch so in petto haben.

Rumhängen gibt's hier nicht!
Rumhängen gibt's hier nicht! © Skybound Games

Die Vorschusslorbeeren, die The Callisto Protocol bereits zwei Jahre vor dem Release erhalten hat, waren gewaltig. Dabei kommt das gross angekündigte Horrorspiel von einem komplett neu gegründeten Studio. Doch wer sich etwas mit Games auskennt, dem dürfte vor allem der Name Glen Schofield ein Begriff sein. Der amerikanische Game-Designer ist Gründer und Firmenchef von Striking Distance Studios und in der Szene alles andere als unbekannt. Für Activision hat er von 2011 bis 2017 als Co-Director drei «Call of Duty»-Spiele auf die Beine gestellt und bei Electronic Arts Spiele wie The Lord of the Rings: The Return of the King und Dead Space erschaffen. Gerade letzteres gilt in Horrorfans-Kreisen als absolutes Ausnahmespiel.

Schofield hat für sein neues Studio auch gleich seine besten Leute aus Dead Space-Zeiten mit an Bord geholt. Entwicklungs-Chef Steve Papoutsis, Animator Chris Stone und Chief Technology Officer Mark James. Doch damit nicht genug - mit David Farmer (The Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring) konnte er einer der begnadetsten Sound-Designer Hollywoods verpflichten. Ein wichtiges Puzzleteil, wie sich bald herausstellen sollte. The Callisto Protocol hat nämlich in audio-visueller Hinsicht alles, was ein grandioses Horrorspiel haben sollte.

Licht am Ende des Tunnels
Licht am Ende des Tunnels © Skybound Games

Mit einer Mischung aus Klaustrophobie, immer wieder auftretenden Jump-Scares und einer Atmosphäre, wie es sich für diese Art von Sci-Fi-Horror gehört, hinterlässt das Game im Zusammenspiel mit der fantastischen Next-Gen-Grafik praktisch in jeder Spielminute ein unglaublich mulmiges Gefühl. Abgesehen von den zu Bestien gewordenen Wärtern und Insassen, die sich bis auf drei bis vier Versionen kaum voneinander unterscheiden, kann auch das Art Design überzeugen. Sci-Fi-Horror-Fans werden es lieben, die auf den ersten Blick kargen Umgebungen in diesem alten mit unzähligen Stahlkorridoren gefüllten Weltall-Gefängnis zu erforschen.

Dazu gehört es auch in John-McClane-Manier durch Luftschächte zu krabbeln oder sich durch enge Spalten und Durchgänge zu zwängen. Letzteres passiert zwar etwas gar oft, so dass das doch sehr lineare Spiel ein paar künstliche Verschnaufpausen für Spieler und Game (versteckte Ladezeiten) zu viel bietet. Technisch ist das Horrorgame eine Wucht. Von den Beleuchtungen, über das Setting bis hin zur Geräuschkulisse, die Spielerinnen und Spieler keine Sekunde Ruhe gönnen, sorgt hier alles für eine fürchterliche Atmosphäre und tut genau das, was von einem solchen Spiel erwartet wird.

Grosse Klappe, aber immerhin blaue Augen.
Grosse Klappe, aber immerhin blaue Augen. © Skybound Games

Auch wenn mit Fäusten, Waffen und anderen Utensilien in die überaus blutige Monsterschlacht gezogen werden kann, bieten die Kämpfe und Gegner leider etwas wenig Abwechslung und sorgen auf dem mittleren und schweren Schwierigkeitsgrad für einen relativ grossen Frustfaktor. Dies liegt zum einen daran, dass das Spiel bockschwer ist und zum anderen, dass die Steuerung im Nahkampf einen etwas klobigen Eindruck hinterlässt und der Charakter, übrigens gespielt von Hollywood-Schauspieler Josh Duhamel (Transformers), teilweise etwas gar steif von der Hand geht. Mit etwas Übung und Erfahrung kriegt man aber letzten Endes auch die doch extrem hartnäckigen Endbosse tot.

Bei The Callisto Protocol gibt es kaum Abkürzungen, Umwege oder Entscheidungsmöglichkeiten - alle Wege führen nach Rom, oder in diesem Fall in die Arme der nächsten Monster. Dies könnte dem einen oder anderen sauer aufstossen. Für die Story ist diese Linearität aber ein Segen. Mit einem Puls auf 180 ist es entspannend zu wissen, dass nicht noch hinter jeder Wegverzweigung eine grosse Wendung warten könnte. Die Macher haben sich hier zum Glück auf das Wesentliche fokussiert und nicht noch 100 Nebenquests eingebaut. Nein, bei The Callisto Protocol geht es einfach nur darum, irgendwie aus diesem dunklen, monsterverseuchten Drecksloch zu entkommen. Und das ist auch gut so!

Yannick Suter [yan]

Yannick arbeitet seit 2010 als Freelancer für OutNow. Sci-Fi-, Horror- und Mindfuck-Filme sind seine Favorites. Wenig anfangen kann er mit Kostümfilmen und allzu prätentiösen Arthouse-Produktionen. Wer aber etwas über äusserst verstörende Filme erfahren möchte, ist bei ihm an der richtigen Adresse.

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Trailer: Launch Englisch, 01:57