Assassin's Creed 2 (2009)

Assassin's Creed 2 (2009)

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PS3-Review: Die Rückkehr der Meuchelmörder

Let's fight
Let's fight © Ubisoft

2007 erschien Assassin's Creed und wurde die am schnellsten verkaufte neue Marke in der Videospielgeschichte. Das Spiel war grafisch sehr eindrucksvoll, und auch die ersten Spielstunden konnten noch motivieren. Danach stellte sich aber Routine ein, denn es fehlte an Abwechslung. Schon bald musste es sich den Vorwurf der Tech-Demo gefallen lassen: technisch top, inhaltlich flop.

Zwei Jahre später erscheint nun der Nachfolger, und der Publisher Ubisoft verspricht Besserung. Angesiedelt im Italien der Renaissance übernehmt ihr die Rolle von Ezio, einem jungen, lebensfrohen Florentiner, der sich alsbald gezwungen sieht, ein Assassine zu werden. Seine Reise führt ihn von seiner Heimatstadt Florenz über die toskanische Provinz bis nach Venedig und Rom. Ob seine Reise das Geld auch wert ist, erfahrt ihr in der nachfolgenden Review.

Assassin's Creed II ist überraschend gelungen und übertrumpft den Vorgänger in vielerlei Hinsicht. Die Abwechslung tut dem Spiel sehr gut, und die neuen Elemente passen prima ins Gesamtgefüge. Leider finden sich noch immer Mängel im Aufbau der Story. Warum werden die Charaktere nicht konsequent weiterentwickelt? Auch das Kampfsystem kränkelt noch am übermächtigen Konter und der fehlenden Dynamik. Nichtsdestotrotz unterhält Ezio bis zum Schluss, und wenn ein Spiel trotz der Mängel nicht langweilig wird, kann das nur Gutes bedeuten.

In Sachen Technik hat sich Ubisoft mal wieder selbst übertroffen. Die Städte sehen fabelhaft aus und glänzen mit einer selten dagewesenen Nähe zur Realität. Wer je in Florenz war, wird den Palazzo Medici oder die Santa Maria Novella sofort wiedererkennen. Das gehört definitiv zu den Highlights.

Story

Der andere Animus war bequemer
Der andere Animus war bequemer © Ubisoft

Die Geschichte setzt dort an, wo der erste Teil aufgehört hat. Ihr seid im Jahr 2020 und findet euch im kleinen Zimmer innerhalb des Labors von Abstergo Industries wieder. Als Desmond Miles flüchtet ihr mit Hilfe von Lucy Stillman aus dem Labor, wo ihr gefangen gehalten wurdet. Die Flucht gelingt, und ihr schliesst euch einer rebellischen Gruppierung an, die euch sogleich wieder in einen neuen, verbesserten Animus steckt. Diese Animus-Maschine bringt euch wieder in die virtuelle Vergangenheit zu den Vorfahren von Desmond. Diesmal landet ihr im Italien der Renaissance und übernehmt die Rolle des Ezio Auditore da Firenze. Als Sohn von Giovanni Auditore, der als Banker für die Medici arbeitet, verbringt Ezio seine Freizeit hauptsächlich mit Frauen und Schlägereien mit Vieri de Pazzi, Templer und Sohn einer gegnerischen Familie.

Doch das Leben als Playboy ist abrupt zu Ende, als Ezios Vater durch eine Verschwörung umgebracht wird. Ezio schnappt sich die Assassinen-Kleidung, welche sein Vater in einer alten Truhe versteckt hatte und beginnt seinen Rachefeldzug gegen die Templer. Seine Reise führt euch von Florenz zunächst in die Toskana. In einem kleinen, malerischen Dorf befindet sich die Villa der Familie Auditore, die in gewisser Weise das Hauptquartier Ezios darstellt. Von da geht es immer wieder nach Florenz, Venedig und Rom.

Ezios bescheidenes Haus
Ezios bescheidenes Haus © Ubisoft

Die Story von Assassin's Creed II ist ähnlich aufgebaut wie im ersten Teil. Allerdings sind die Charaktere deutlich besser ausgearbeitet. Im Gegensatz zum blassen Altair wirkt Ezio wesentlich sympathischer, und sein Schicksalsschlag nimmt den Spieler mit. Im grossartigen Einstieg des Spiels erfährt man viel über die Familie Auditore und fühlt sich ihr gleich nahe. Leider lässt sich nicht dasselbe über die Gegner Ezios sagen. Man erfährt zwar die Umstände, warum sie als Feinde gelten, einen emotionalen Bezug kreiert die Story jedoch nicht. Sogar Vieri de Pazzi, den man als Gegenspieler Ezios wahrnimmt, spielt leider viel zu früh keine Rolle mehr - schade! Generell schein es, als sei die Charakterentwicklung nur halbherzig verfolgt worden. Im späteren Verlauf wird auch Ezios Rolle nicht konsequent weiter verfolgt. Der Wechsel vom lebhaften Playboy zum kaltblütigen Assassinen erfolgt viel zu schnell, ohne dass man seine Motivation richtig mitbekommt. Rache ist zwar sein Hauptmotiv, aber wo sind die Trauer, die Wut und die Verzweiflung, die einen solchen Wandel hervorrufen?

Dagegen ist die Inszenierung klasse! Sowohl Cut-Scenes als auch die Attentate sind sehr attraktiv in Szene gesetzt und besitzen ein filmisches Flair. Da die Story nicht mehr mittels Gesprächen sondern durch Videosequenzen erzählt wird, ist die filmreife Inszenierung sicher vorteilhaft. Sehr positiv anzumerken ist, dass man reale Personen wie Leonardo Da Vinci einbezieht. Zusammen mit den Informationen, die man für wichtige Gebäude oder Orte erhält, entsteht damit ein interessanter Realitätsbezug.

Gameplay

Schnell weg hier!
Schnell weg hier! © Ubisoft

Wenn es etwas gab, an dem der Vorgänger kränkelte, dann war es der immer gleiche Missionsaufbau. Hatte man einen neuen Auftrag angenommen, dann ging das üblicherweise so ab: Erklimme mehrere Aussichtstürme, löse drei Nebenmissionen, töte das Hauptziel. Dies wurde mit der Zeit eintönig, und anstatt eines aufregendem Spiels erhielt man eine Routine, die abgeklappert werden musste. Dies ging sogar so weit, dass daraus das Assassin's Creed-Syndrom entstand, womit man Spiele mit ähnlichem Missionsaufbau kritisierte. Spielentwickler sind jedoch ziemlich stur und halten normalerweise an ihrem Spielkonzept fest. Daher ist es um so erstaunlicher, dass sich ein Publisher die Kritik tatsächlich zu Herzen genommen hat und in Assassin's Creed II diesen Schwachpunkt massiv ausbesserte.

In Ezios Abenteuer habt ihr eine unglaubliche Anzahl an verschiedenen Missionen. Neben der Hauptstory könnt ihr zum Beispiel Auftragsattentate erledigen, mit jeweils unterschiedlichen Anforderungen. Mal darf euch niemand sehen, mal müsst ihr eine gewisse Anzahl an starken Wachen beseitigen usw. In anderen Nebenmissionen könnt ihr untreue Ehemänner verprügeln, Kodex-Seiten suchen, in Rennen gegen die Zeit könnt ihr eure akrobatischen Fähigkeiten testen oder nach Assassinengräbern suchen und damit Rüstungen freischalten. Eine weitere Nebenmission besteht darin, sogenannte Glyphen zu suchen. Dies sind grafische Male, die man an verschiedenen Gebäuden des Spiels findet. Aktiviert ihr die Glyphen mittels Adlerauge, müsst ihr jeweils unterschiedliche Rätsel oder Puzzles lösen. Am Ende erhaltet ihr ein Videoschnipsel, welches das Schicksal von Desmonds Vorgänger, Subjekt Nr. 16, enthüllt.

Eine grosse Neuerung gegenüber dem Prequel ist das Wirtschaftssystem. Nach Beendigung von Haupt- und Nebenmissionen erhaltet ihr Geld. Dieses Geld könnt ihr einerseits dafür einsetzen, Waffen und Rüstungen zu verbessern. Andererseits könnt ihr die Moneten in die Verbesserung der Villa und des Dorfes Monteriggioni stecken. Durch die Renovierung von Geschäften sowie dem Kauf von Kunst, Rüstungen und Waffen wird der Ort aufgewertet und damit zusätzliches Einkommen für euch generiert. Mehr Geld findet ihr in den zahlreichen Schatztruhen, die ein wenig lieblos in der ganzen Gegend verteilt sind. Oder aber ihr stehlt euch reich: Neuerdings könnt ihr Leichen plündern und Passanten ausrauben. Allerdings bringt euch das nur eine geringe Menge Geld. Dafür ist eine Trophäe damit verbunden. Leider ist dieses Wirtschaftssystem ziemlich unbalanciert, denn oftmals bekommt ihr die gleiche Menge Geld für einen Mordauftrag wie für das Verprügeln eines Ehemannes. Zudem wirft die Villa irgendwann mal genügend Zaster ab, wodurch die Suche nach Schatzkisten obsolet wird.

Das kenn' ich doch irgendwo her
Das kenn' ich doch irgendwo her © Ubisoft

Ein zentraler Bestandteil vom Assassin's-Creed-Universum ist der Kampf. Die Auseinandersetzungen sind nach wie vor hervorragend choreographiert, die Animationen sehen prächtig aus. Neuerungen des Kampfsystems entdeckt man im Detail: Ezio kann diesmal Gegner entwaffnen, was bei Wachen mit langen Speeren oder schweren Hämmern sinnvoll sein kann. Der Stealth-Aspekt wurde ebenfalls gestärkt. Nun sind doppelte Angriffe möglich und dies aus der Luft oder aus einem Versteck (zum Beispiel einem Heuballen) heraus. Die Verbesserungen sind äusserst interessant und sorgen für Abwechslung, daher ist es sehr schade, dass gewisse Schwächen des Vorgängers nicht ausgemerzt wurden. Zum einen ist der Konter weiterhin unverhältnismässig stark. Damit verkommt der Kampf fast zum Quick-Time-Event, wo ihr einfach die Quadrattaste im richtigen Moment drücken müsst, um gegen eine Übermacht an Gegnern zu bestehen. Zum anderen warten die Gegner brav ab, bis ihr einen ihrer Kollegen getötet habt. Das nimmt die ganze Dynamik aus dem Spiel. Grundsätzlich wäre das nicht so schlimm, aber leider ist der Kampf ein überaus zentraler Aspekt des Spiels. So liegt es an euch, eure Gegner jeweils anders anzugehen und euch nicht ausschliesslich auf den Konter zu verlassen. Im weiteren Spielverlauf dürft ihr dann beim Fliegen auf Da Vincis Maschine Gegner aus der Luft erledigen. Dies eröffnet ebenfalls neue Möglichkeiten.

Klettern ist der zweite zentrale Bestandteil der Assassin's-Creed-Reihe. Ezio klettert dabei genauso grazil wie sein Urahne Altair. Die Änderungen gegenüber dem ersten Teil fallen gering aus. Ezio kann ein wenig höher gelegene Vorsprünge greifen, und an gewissen Stellen klettert er ein wenig schneller. Wie auch im Vorgänger ist das Klettern ziemlich anspruchslos und mit vielen Automatismen verbunden. Dies kann teilweise frustrierend sein, wenn bei geringfügiger Bewegung des Analogsticks Ezio ins Leere springt anstatt an einer Kante hoch. Die Automatismen greifen zudem auch, wenn Ezio in hohem Tempo über die Dächer rennt: Bei Hindernissen, die mit Schwung schnell überwindbar sind, muss Ezio zunächst seine Animationen durchlaufen und nimmt damit den ganzen Fluss aus dem Spiel.

Hab' euch!
Hab' euch! © Ubisoft

Schleichelemente kommen trotz der Neuerungen leider immer noch zu kurz. Man hätte hier eine grössere taktische Ebene einbauen können. Ein Beispiel: Ich muss einen Templer ausschalten, ohne dass ich entdeckt werde. Ich schleiche mich also unauffällig heran und mache mein Ziel dank Adlerauge auf einem abgeschlossenen Hof aus. Der einzige Ausgang wird von vier Männern bewacht. Da ich in der vorherigen Mission die Wachen mit dem Werfen von Geld herausgelockt habe, möchte ich es diesmal anders angehen. Ich gehe also über die Dächer und finde eine Stelle, wo mich garantiert niemand sehen kann. Ich visiere mein Ziel an und starte einen Angriff mit den Wurfmessern. Doch die Mission geht schief, denn ich wurde entdeckt. Weit und breit ist aber niemand zu sehen und mein Ziel ist tot, wie also ist das möglich? Sehr ärgerlich!

Technik

Der erste Teil von Assassin's Creed beeindruckte mit einer technischen Meisterleistung und einer wundervollen Darstellung der Städte. Der zweite Teil ist zwar kein Meilenstein mehr, die Optik ist dennoch ein Highlight. Die Gebäude sind sehr detailliert dargestellt, und die Städte wirken äusserst stimmig. Ein Ritt durch die Toskana kann einem sogar fast wie Ferien vorkommen. Einziger Wermutstropfen: Das Wasser hätte besser dargestellt werden können. In Anbetracht dessen, dass man im zweiten Teil nun schwimmen kann, wäre das wünschenswert gewesen. Die grafische Pracht hat jedoch seinen Preis. Hin und wieder sind kleine Ruckler und Pop-ups (spontanes Aufpoppen von Texturen und Personen) bemerkbar, die sich aber zum Glück nicht auf das Spielgeschehen auswirken. Zudem entstehen in den Videosequenzen nervige Tearings, die das Bild für einen Moment zerreissen.

Grossartige Kulisse
Grossartige Kulisse © Ubisoft

Im Soundbereich ist das Spiel ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist die Musik sehr stimmungsvoll und passend. Hier hat Komponist Jesper Kyd ganze Arbeit geleistet. Andererseits wiederholen sich die Sprüche der NPCs viel zu oft. Die Sprecher liefern eine solide Performance, wobei der deutsche Ezio ein wenig farblos daherkommt. Da ist man bei Nolan North (Nathan Drake in Uncharted 1 und 2) im Englischen besser aufgehoben.

Das Spiel bietet im Weiteren eine umfangreiche Datenbank mit akkurat recherchierten Informationen zu historischen Gebäuden und Familien. Taucht im Game etwas Derartiges auf, erfährt man durch Drücken der Selecttaste gleich mehr darüber. Die präzise grafische Darstellung der Gebäude findet auch hier einen Vorteil.

Alejandro Garcia [ale]

Alejandro schreibt und redigiert im Games-Bereich seit 2009 für OutNow. Sein Einflussbereich ist die Konsole, wo er Militär-Shooter und Racer mit Erfolg vermeidet. Dafür verschlingt er alles, was FromSoftware ihm vorsetzt.

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